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Krank statt Arbeit: Supermarkt oder Kino, was ist erlaubt?

21.04.2011
04:36

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Oft sind sich Arbeitnehmer nicht sicher, wie man sich bei einer Krankschreibung angemessen verhält. Was darf man tun, was ist dringend zu unterlassen? Darf der Krankgeschriebene in den Supermarkt? Ins Kino? Oder sich überhaupt außerhalb seiner vier Wände aufhalten? Verunsicherung ist vorprogrammiert.

Krank und arbeiten?
Krank arbeiten? [©iStockphoto.com/geotrac]

Die zwei grundlegenden Verhaltenspflichten sind die Krankmeldung (Mitteilungspflicht) und die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Anzeigepflicht). Hält sich der Arbeitnehmer nicht daran, drohen Abmahnung und sogar Kündigung.

Wann ist die Krankmeldung ausreichend?
Die Krankmeldung muss „ohne schuldhaftes Zögern“ erfolgen, d.h. sobald der Arbeitnehmer bemerkt, dass er krankheitsbedingt nicht arbeiten kann muss er dies unverzüglich anzeigen. In der Regel sollte die Information an den Arbeitgeber oder Vorgesetzten gerichtet werden, und innerhalb der ersten halben Stunde nach Arbeitsbeginn, spätestens in der ersten Stunde erfolgen. Bei einer späteren Meldung, auch nur aufgrund eines Arztbesuches, liegt darin bereits ein unangemessenes Verhalten. Ist die Meldung dem Arbeitgeber selbst nicht möglich, muss er sich eines Dritten bedienen. Erst wenn auch dies nicht möglich ist, dürfte ausnahmsweise auch eine spätere Krankmeldung als am ersten Tage möglich sein.



Oftmals gibt es interne Richtlinien oder Vorgaben im Arbeitsvertrag über das Verfahren im Krankheitsfall. Es ist ratsam diese Angaben rechtzeitig zu prüfen, um ein Fehlverhalten zu vermeiden. Die einfache Krankmeldung unterliegt keinen Formvorschriften und kann telefonisch oder auch per Fax oder Email erfolgen. Um die Krankmeldung später nachweisen zu können, sollten Datum und Uhrzeit, sowie die Person notiert werden, bei der die Krankmeldung erfolgt ist. Auch ein Zeuge kann hilfreich sein.

Wann ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen?
§ 5 Abs.1 Entgeldfortzahlungsgesetz (EFZG) bestimmt die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, wenn der Arbeitsausfall länger als drei Tage andauert. Sie muss dem Arbeitgeber am vierten Krankheitstag vorliegen. Eine frühere Vorlage kann allerdings entweder im Arbeitsvertrag bestimmt sein, sich aus dem Tarifvertrag ergeben, der auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, oder vom Arbeitgeber verlangt werden. In diesen Fällen ist die Anweisung dringend zu befolgen.

Was muss der Arbeitnehmer anzeigen?

Der Arbeitnehmer ist nur verpflichtet, die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit als solche und deren subjektiv geschätzte Dauer mitzuteilen, nicht jedoch die Art der Erkrankung. Ausnahmen gelten, wenn genauere Informationen für den Arbeitgeber aus objektiver Sicht bedeutsam sind, z.B. ein hohes Ansteckungsrisiko besteht oder die Erkrankung durch Dritte verursacht worden ist, z.B. beim Verkehrsunfall. Die bestehenden Schadensersatzansprüche gehen dann nämlich gemäß § 6 EFZG auf den Arbeitgeber über. Die Benachrichtigungspflicht im Krankheitsfall trifft den Arbeitnehmer aus Versicherungsgründen auch im Urlaub. Die Kosten für die Übermittlung hat übrigens der Arbeitgeber zu tragen.

Wie verhält sich der krankgeschriebene Arbeitnehmer richtig?
Dem Arbeitnehmer ist grundsätzlich jede Handlung verboten, die seine Genesung beeinträchtigt. Wie genau ein gesundheitsförderndes Verhalten auszusehen hat, entscheidet nicht zuletzt der Krankheitsgrund. Ist der Arbeitsausfall auf eine Verletzung zurückzuführen, z.B. Bruch oder Verstauchung, erfreut sich der Arbeitnehmer ansonsten körperlicher Gesundheit.

Ganz anders verhält es sich bei einer Grippeerkrankung, bei der generell Bettruhe einzuhalten ist. Es ist daher nach Art und Grad der Erkrankung abzuwägen. Arbeitsausfall ist nicht gleichzusetzen mit Bettruhe, außer wenn der Arzt ausdrücklich absolute Bettruhe verordnet hat. So kann etwa ein Spaziergang der Gesundung dienen, möglicherweise auch sportliche Aktivitäten, z.B. Schwimmen oder Gymnastik bei Rückenschmerzen. In bestimmten Fällen sind auch Reisen gestattet, wie z.B. die kurähnliche Reise ans Meer bei einer Bronchitis.



Alltägliche Dinge, wie der Gang zum Supermarkt, sind generell erlaubt. Dabei ist natürlich zwischen dem notwendigen Lebensmitteleinkauf und der ausgedehnten Shoppingtour zu unterscheiden. Bei Verletzungen wie Brüchen, Verstauchungen oder Rückenschmerzen sind sogar Kino-, Restaurant- oder Kneipenbesuche vertretbar. In jedem Fall empfiehlt es sich zur Absicherung im Vorfeld die schriftliche Erlaubnis des Arztes für solche Aktivitäten einzuholen!

Um Zweifel und Ärger vorzubeugen, empfiehlt sich zudem die Absprache mit dem Arbeitgeber und der Krankenkasse, insbesondere bei bereits länger andauernder Krankheit. Fährt der Arbeitnehmer beispielsweise ohne Genehmigung weg, riskiert er die Einstellung von Krankengeld- und Lohnfortzahlung. Bei vorzeitiger Arbeitsaufnahme muss der Arbeitnehmer ebenfalls die Zustimmung des Arztes einholen und die Krankenkasse informieren, da anderenfalls der Versicherungsschutz gefährdet ist.

Folgen eines Fehlverhaltens
Die Verletzung der Miteilungs- und Anzeigepflicht kann eine Abmahnung zur Folge haben, die in der Regel eine notwendige Voraussetzung für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung ist. Ebenso verhält es sich, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Verstoß gegen ärztliche Auflagen nachweisen kann. Fährt z.B. ein schwerkranker Arbeitnehmer in den Skiurlaub, ist die Kündigung rechtens.

Versäumt es der Arbeitnehmer rechtzeitig die ärztliche Bescheinigung vorzulegen, ist der Arbeitgeber gemäß §7 EFZG berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern. Das Leistungsverweigerungsrecht hat der Arbeitgeber allerdings nur für den Zeitraum des Fehlens der Bescheinigung. Bei verschuldensunabhängiger Verspätung oder späterem Krankheitsnachweis des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung nachträglich bezahlen.



Anspruch auf Krankengeld
Der Krankengeldanspruch entsteht am Folgetag der Krankschreibung. Bei längerer Krankheitsdauer mit notwendiger Folgekrankschreibung ist der lückenlose Bescheinigungsfortlauf ratsam. Dies wird insbesondere bedeutsam, wenn der Arbeitnehmer während der Erkrankung arbeitslos wird, da die Krankenkassenmitgliedschaft dann nur über den Erhalt von Krankengeld gesichert ist.

Zweifel des Arbeitgebers
Hat der Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit der Krankschreibung, ist er zur Überprüfung, sogar durch einen Detektiv, berechtigt. Zwar ist der Arbeitnehmer nicht zu Krankheitsangaben oder zur betriebsärztliche Untersuchung verpflichtet, schaltet der Arbeitgeber aber die Krankenkasse ein, ist diese auf Verlangen verpflichtet, eine gutachterliche Stellungnahme durch den medizinischen Dienst einzuholen.


Knud_Steffan Knud J. Steffan
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Ein Gastbeitrag von Knud J. Steffan, des Berliner Rechtsanwalts und Inhabers der Kanzlei JUSTUS Rechtsanwälte. Die Kanzlei berät und vertritt seit vielen Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber in allen arbeitsrechtlichen Fragen.






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